04.11.2012 11:49 von Tobias T. Teichmann
Der Bundesfinanzhof hat bereits im Mai 2011 in einem richtungweisenden Urteil entschieden, dass die Kosten eines Zivilprozesses nunmehr grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen steuerlich abzugsfähig sind. Bislang waren hauptsächlich aus fiskalischen Erwägungen die Kosten eines Rechtsstreites vor den Zivilgerichten vom Bundesfinanzhof und den Instanzgerichten nur dann als außergewöhnliche Belastung und damit als abzugsfähig angesehen worden, wenn der Rechtsstreit einen existentiell wichtigen Bereich, den so genannten Kernbereich menschlichen Lebens betraf. Dies wurde zwar z.B. für die Kosten des Scheidungsverfahrens bejaht, galt grundsätzlich aber beispielsweise nicht für die Kosten eines Familienrechtsstreites über ein Umgangsrecht, über den Unterhalt oder einen Zugewinnausgleich bzw. für das Vaterschaftsfeststellungsverfahren. Mit gleicher Argumentation, nämlich dass das damit einhergehende Kostenrisiko von den Parteien in aller Regel eigenverantwortlich in Kauf genommen werde, wurde die steuerliche Abzugsfähigkeit von Prozesskosten bislang vom Bundesfinanzhof auch für den Großteil der allgemeinen Zivilverfahren verneint.
Das Urteil des BFH vom 12.05.2011 bedeutet eine klare Kehrtwende. Kosten eines Zivilprozesses können nunmehr unabhängig von dessen Gegenstand bei der Einkommensteuer als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Voraussetzung ist allerdings auch nach der neuesten Entscheidung des BFH, dass die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint, was immer dann gegeben sein soll, wenn der Erfolg zumindest ebenso wahrscheinlich sei wie ein Misserfolg. Zivilprozesskosten sind zudem nur insoweit abziehbar, als sie notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht überschreiten. Etwaige Leistungen aus einer Rechtsschutzversicherung sind selbstverständlich anzurechnen.
Diese bürgerfreundliche Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist zu begrüßen. Ab sofort sollte jeder Steuerpflichtige darauf achten, dass er angefallene Kosten eines Zivilprozesses (gegebenenfalls auch für noch nicht abgeschlossene Veranlagungszeiträume) als außergewöhnliche Belastung geltend macht.
Urteil des BFH vom 12.05.2011
Aktenzeichen.: VI R 42/10
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