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Kindeswille

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Was bedeutet „Kindeswille“?

Der Kindeswille beschreibt die Wünsche und Vorstellungen des Kindes in familienrechtlichen Verfahren, insbesondere in Fragen des Sorgerechts, Umgangsrechts und Aufenthaltsbestimmungsrechts.
Er ist ein wesentlicher Gesichtspunkt bei gerichtlichen Entscheidungen, weil er Rückschlüsse auf das Kindeswohl zulassen kann.

Der Kindeswille ist jedoch nicht allein entscheidend: Er wird immer im Zusammenhang mit anderen Kriterien des Kindeswohls geprüft und kann – je nach Alter, Reife und Beeinflussung des Kindes – unterschiedlich stark berücksichtigt werden.


Rechtliche Grundlage

Die Berücksichtigung des Kindeswillens ergibt sich aus:

  • § 159 FamFG (Anhörung des Kindes)
  • § 1697a BGB (Kindeswohlprinzip)
  • Grundrechte aus Art. 6 GG (Elternrecht und Schutz der Familie)

Das Kind ist grundsätzlich persönlich anzuhören, es sei denn, gewichtige Gründe stehen dem entgegen (z. B. Kindeswohlgefährdung durch Anhörung).


Kriterien für die Berücksichtigung

Bei der Bewertung des Kindeswillens berücksichtigt das Gericht:

  1. Alter und Reife des Kindes
    • Mit zunehmendem Alter erhält der Kindeswille mehr Gewicht.
  2. Stabilität und Kontinuität
    • Ist der Wille klar, konstant und unbeeinflusst?
  3. Beeinflussung durch Eltern oder Dritte
    • Manipulationsversuche können den Wert des geäußerten Willens mindern.
  4. Kindeswohlinteressen
    • Wünsche dürfen dem Kindeswohl nicht widersprechen.

Kindeswohlschädlicher Kindeswille

Der Kindeswille kann auch kindeswohlschädlich sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

  • der Wille auf Manipulation oder Loyalitätskonflikten beruht,
  • das Kind aufgrund einseitiger Informationen oder psychischer Belastungen einen Wunsch äußert, der seiner Entwicklung schadet,
  • der geäußerte Wille zu einer Gefährdung der körperlichen oder seelischen Gesundheit des Kindes führen würde.

In solchen Fällen kann das Gericht den Kindeswillen zurückstellen, wenn er erkennbar nicht dem Kindeswohl entspricht.

Beispiele:

  • Ein Kind lehnt jeden Kontakt zu einem Elternteil ab, weil es durch den anderen Elternteil massiv beeinflusst wurde.
  • Ein Kind möchte dauerhaft bei einem Elternteil leben, obwohl dort gravierende Erziehungsdefizite bestehen.

Bedeutung in der Praxis

  • Ab etwa 12 Jahren wird der Kindeswille regelmäßig sehr ernst genommen.
  • Bei älteren Jugendlichen kann der Wille faktisch entscheidend sein, wenn er dem Kindeswohl nicht widerspricht.
  • Ein kindeswohlschädlicher Kindeswille wird durch Gutachten, Gespräche mit Verfahrensbeiständen und psychologische Fachkräfte sorgfältig überprüft.

Beispiel

Ein 12-jähriges Kind erklärt vor dem Familiengericht, dass es überwiegend beim Vater leben möchte. Das Gericht berücksichtigt diesen Wunsch bei der Entscheidung über das Aufenthaltsbestimmungsrecht, prüft jedoch auch, ob er frei von Beeinflussung geäußert wurde und ob er dem Kindeswohl entspricht.


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