Was bedeutet „Kindschaftsverfahren“?
Ein Kindschaftsverfahren ist das gerichtliche Verfahren in sogenannten Kindschaftssachen (§ 151 Nr. 1 und 2 FamFG).
Es dient der gerichtlichen Klärung von Streitigkeiten und Regelungsbedarfen rund um die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einem Kind.
Ziel ist es stets, eine Entscheidung zu treffen, die sich am Kindeswohl orientiert und für das betroffene Kind die beste Lösung bietet.
Beispiele für Kindschaftsverfahren
- Umgangsverfahren:
- Regelung der Besuchs- und Umgangskontakte des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil.
- Sorgerechtsverfahren:
- Entscheidung über die elterliche Sorge oder Teile davon (z. B. Gesundheitsfürsorge, Schulwahl).
- Herausgabeverfahren:
- Wenn ein Kind unberechtigterweise zurückgehalten wird.
- Verfahren bei Kindeswohlgefährdung:
- Maßnahmen nach § 1666 BGB (z. B. Entzug der elterlichen Sorge bei schwerer Gefährdung).
- Vormundschafts- und Pflegschaftsverfahren sowie Adoptionsverfahren.
Einleitung des Verfahrens
- Regelfall: Antrag eines Elternteils oder anderer Beteiligter
Die meisten Kindschaftsverfahren beginnen auf Antrag. - Ausnahme: Amtsweg (§ 24 FamFG)
Bei Kindeswohlgefährdung oder besonderen Umständen kann das Gericht ein Verfahren von Amts wegen einleiten.
Beteiligte im Verfahren
In einem Kindschaftsverfahren sind regelmäßig beteiligt:
- Eltern des Kindes,
- das Kind selbst (ggf. mit eigenem Anhörungsrecht),
- das Jugendamt (als gesetzlicher Beteiligter),
- ggf. ein Verfahrensbeistand („Anwalt des Kindes“),
- das Familiengericht,
- ggf. Sachverständige (z. B. bei psychologischen Fragestellungen).
Ablauf eines Kindschaftsverfahrens
- Antrag oder amtswegige Einleitung beim Familiengericht.
- Frühzeitige Anhörung aller Beteiligten (§ 155 FamFG – Beschleunigungsgebot).
- Erörterungstermin mit dem Ziel, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
- Anhörung des Kindes (grundsätzlich alters- und entwicklungsunabhängig).
- Beteiligung des Jugendamts und ggf. des Verfahrensbeistands.
- Bei Bedarf: Sachverständigengutachten.
- Entscheidung des Gerichts durch Beschluss.
Beschleunigungsgebot (§ 155 FamFG)
Kindschaftsverfahren müssen besonders zügig durchgeführt werden, um das Kind nicht unnötig zu belasten.
- Der erste Termin soll in der Regel innerhalb eines Monats nach Antragseingang stattfinden.
- Ziel: schnelle und kindgerechte Lösungen.
Grundprinzip: Kindeswohl
Alle Entscheidungen im Kindschaftsverfahren müssen sich am Kindeswohl orientieren (§ 1697a BGB).
Die Interessen der Eltern treten hinter den Schutz und die Bedürfnisse des Kindes zurück.
Beispiel
Beispiel:
Nach einer Trennung beantragt der Vater die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsame Tochter.
- Das Familiengericht leitet ein Kindschaftsverfahren ein.
- Jugendamt, Verfahrensbeistand und beide Eltern werden beteiligt.
- Das Gericht entscheidet nach Anhörung des Kindes und aller Beteiligten unter Berücksichtigung des Kindeswohls.
Abgrenzung zu anderen Verfahren
- Kindschaftsverfahren: Verfahren über Rechte und Pflichten in Bezug auf Kinder.
- Ehesachen: Scheidungsverfahren und Folgesachen.
- Unterhaltsverfahren: Regelung des Kindesunterhalts oder Ehegattenunterhalts.
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